Wann müssen Schockschäden nach Pflegefehlern ersetzt werden?

Angehörige von Patienten können nicht nur bei Behandlungsfehlern, sondern auch bei Pflegefehlern Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche wegen eines erlittenen „Schockschadens“ geltend machen. Probleme bereiten aber oft die Beweisanforderungen. Wie ein Anwalt helfen kann. Die Kosten für einen Platz im Pflegeheim sind immens, die Wartelisten endlos – und doch lässt die Qualität der Versorgung oft zu wünschen übrig. Unter diesem Missstand leiden in erster Linie natürlich die Pflegebedürftigen selbst. Doch auch für Angehörige kann es sehr belastend sein, wenn ein Familienmitglied wegen mangelhafter Pflege zu Schaden kommt. Das führt zu der Frage, ob – und wenn ja, unter welchen Umständen – sie von Heimen bzw. deren Betreibern einen Ersatz für solche „Schockschäden“ verlangen können. Sie hatte vor Kurzem auch das Oberlandesgericht (OLG) Dresden zu klären.

Schlechte Pflege schädigt nicht nur die unmittelbar Betroffenen

Im konkreten Fall ging es um eine Frau, die nach einem Schlaganfall in einer Pflegeinrichtung lebte. Als die Seniorin an einer Lungenentzündung und später an einer Darmentzündung erkrankte und ins Krankenhaus musste, stellten die Ärzte dort mehrere Druckgeschwüre zweiten Grades fest. Wenig später verstarb die Frau. Ihre Tochter kam mit den Umständen des Todes ihrer Mutter nur schwer zurecht. Sie verklagte daher das Pflegeheim auf Schadenersatz und Schmerzensgeld. Das Argument: Sie habe infolge der grob fehlerhaften Pflege ihrer Mutter eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) und eine depressive Störung erlitten.

Psychische Probleme nach dem Tod der Mutter

Das Gericht führte zunächst aus, dass die zu „Schockschäden“ entwickelten Grundsätze nicht nur bei Unfällen, sondern auch bei fehlerhafter ärztlicher Behandlung Anwendung finden. Entsprechend, so das OLG Dresden, müssten sich derartige Ansprüche auch aus Versäumnissen im Bereich der Pflege einer schwerstkranken Patientin herleiten lassen: Wer psychische Probleme habe, weil ein Angehörige durch fehlerhafte Pflege zu Schaden gekommen ist, dürfe nicht schlechter stehen, als der, bei dem diese Gesundheitsverletzung aufgrund der Folgen eines ärztlichen Behandlungsfehlers bei einem Angehörigen eintritt. Im konkreten Fall blieb die Klage der Tochter dennoch erfolglos, da sie nicht beweisen konnte, dass ihre psychischen Probleme auf den Aufenthalt ihrer Mutter um Pflegeheim zurückgingen. Gegen die Annahme eines „Schockschadens“ sprach nach Meinung des OLG zudem, dass die Tochter über Monate hinweg intensiv auf Pflegepersonal eingewirkt hätte, um die Versorgung ihrer Mutter zu verbessern. Damit sei die Situation nicht mit dem Trauma vergleichbar, den schweren Unfall eines Angehörigen miterleben zu müssen (OLG Dresden, Az. 4 U 1217/23).

Möglichst früh zum Rechtsanwalt

„Trotz dieses – aus Sicht der Klägerin – enttäuschenden Ergebnisses ist die Entscheidung positiv zu bewerten“, sagt Jürgen Wahl, Fachanwalt für Medizinrecht aus Offenbach.  „Sie eröffnet auch bei Pflegefehlern die Tür für Schadenersatz und Schmerzensgeld aufgrund eines Schockschadens.“ Um mit hinreichender Sicherheit beweisen zu können, dass der erlittene Schockschaden tatsächlich auf dem Pflegefehler beruht, sollten Angehörige jedoch zeitnah einen spezialisierten Rechtsanwalt mandatieren.

Haben Sie Fragen?

Wie die Aussichten in Ihrem konkreten Fall stehen, kann ein Rechtsanwalt mit genauen Kenntnissen im Arzthaftungsrecht beurteilen. Rechtsanwalt Jürgen Wahl ist Fachanwalt für Medizinrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht. Anwalt Arzthaftung: Sie erreichen ihn unter der Telefonnummer 069 / 82 37 66 42 oder per E-Mail unter recht@arzthaftung-offenbach.de