Zahnärztin haftet für Fehler des externen Technikers

Sie hat ihren Patienten zwar richtig behandelt. Schadenersatz und Schmerzensgeld schuldet die Zahnärztin ihm dennoch –und zwar für einen Fehler des Zahntechnikers, mit dem ihre Praxis zusammenarbeitet. Die vertragliche Haftung eines Arztes oder Zahnarztes knüpft stets an die Verletzungen der Pflichten aus dem Behandlungsvertrag zwischen ihm und seinem Patienten an. Diese sind in den §§ 630a ff. BGB geregelt. Verletzt der behandelnde Arzt oder Zahnarzt die dort beschriebenen Pflichten, muss er den daraus entstandenen Schaden ersetzen und ggfls. Schmerzensgeld bezahlen. Doch kann ein Patient seinen Behandler auch dann in die Pflicht nehmen, wenn dieser alles richtig gemacht hat? Das ist durchaus möglich, wie ein aktuelles Urteil des Landgerichts Köln belegt (Az. 3 O 6/20).

Haftung für lockere Kronen?

Im konkreten Fall hatte eine Zahnärztin ihrem Patienten fünf Teleskop-Kronen eingesetzt, die der Zahntechniker des von ihr beauftragten Labors aus Polyetheretherketon (PEEK) gefertigt hatte, einem thermoplastischen teilkristallinen Kunststoff. Der Patient war mit der Arbeit nicht zufrieden. Zunächst bemängelte er, dass die Oberkiefer-Mittellinie nicht seinen Erwartungen entspreche. Zudem fielen zwei Teleskopkronen ab. Die Zahnärztin unternahm daraufhin mehrere Verbesserungsversuche. Der Patient blieb jedoch unzufrieden und suchte schließlich eine andere Praxis auf, um die Versorgung noch einmal von vorne zu beginnen.

Wer muss für welchen Fehler geradestehen?

Die zunächst aufgesuchte Zahnärztin verklagte er auf Schmerzensgeld und Schadenersatz. Er monierte unter anderem, dass die Prothese nicht sauber gearbeitet worden sei. Er habe Druckschmerzen gehabt. Zudem seien die Innenteleskope regelmäßig ausgefallen, wenn er den Zahnersatz entfernen wollte. Auch habe ihn seine Behandlerin nicht über die Verwendung des Materials PEEK informiert, das für die vorliegende prothetische Versorgung auch noch ungeeignet sei. Die Zahnärztin bestritt die Vorwürfe. Sie habe den Mann lege artis behandelt. Zudem sei sei sie von ihrem Zahntechniker nicht darüber informiert worden, dass er das Material PEEK verwendet habe, an dem der Patient Anstoß nahm. Nach Anhörung eines Gutachters entschied das Gericht zugunsten des Patienten.

Zahntechniker ist Erfüllungsgehilfe der Zahnärztin

Da die Innenteleskope in konkreten Fall aus PEEK und einem Gerüst aus einer Nichtedelmetalllegierung gefertigt worden seien, sei die Versorgung nicht als wissenschaftlich etabliert einzustufen, sondern als (fehlgeschlagener) Heilversuch. Der Zahnärztin selbst könne man zwar keinen Behandlungsfehler anzulasten, da der Zahntechniker die Prothetik angefertigt und die Zahnärztin die Verwendung von PEEK nicht in Auftrag gegeben habe. Nicht vorwerfbar sei auch, dass die Frau den Werkstoff nicht erkannt habe, da „PEEK ein sehr exotisches Material“ sei. Dennoch muss sich die Behandlerin das Fehlverhalten des Zahntechnikers zurechnen lassen, da sie mit ihm seit mehr als zwölf Jahren kooperierte, um ihre Patienten mit prothetischen Leistungen zu versorgen. Darüber hinaus stellte sie die von dem Zahntechniker als Fremdlabor abgerechneten Kosten in ihre eigene Rechnung gegenüber ihren Patienten ein. Sie haftet daher für das Fehlverhalten des Technikers wie für einen eigenen Behandlungsfehler.

Kommentar von Jürgen Wahl, Anwalt für Arzthaftung:

Um Schadenersatz oder Schmerzensgeld von einem Arzt zu bekommen, ist nicht immer ein Fehler des Behandlers selbst erforderlich. Ein spezialisierter Rechtsanwalt kann Ihnen helfen, Ihre Ansprüche richtig einzuschätzen. Rechtsanwalt Jürgen Wahl ist Fachanwalt für Medizinrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht. Sie erreichen ihn unter der Telefonnummer 069 / 82 37 66 42 oder per E-Mail unter recht@arzthaftung-offenbach.de