Zahnersatz: Wie viele Fehlversuche darf ein Zahnarzt sich erlauben?
Menschen sind keine Maschinen. Deshalb müssen Ärzte ihren Patienten auch keinen Behandlungserfolg garantieren. Eigentlich. Denn wie fast immer gibt es auch von dieser Regel wichtige Ausnahmen.
Ob Kronen, Brücken, Implantate oder Prothesen: Wer einen Ersatz für einen oder mehrere Zähne benötigt, hat meist einen langen und kostspieligen Weg vor sich. Vielfach ist die Behandlung zudem nicht mit dem bloßen Einsetzen der „Dritten“ abgeschlossen. Stattdessen muss (und darf) der Zahnarzt in der Regel eine oder mehrere Korrekturen vornehmen, bis der im Labor gefertigte Zahnersatz dem Patienten wirklich passt. Patienten, die grundlos die nötigen Korrekturen verweigern, riskieren etwaige Schadenersatz- bzw. Schmerzensgeldansprüche, wenn die „Dritten“ am Ende nicht sitzen.
Doch wie viele Verbesserungsversuche müssen Patienten über sich ergehen lassen, wenn die Prothese partout nicht halten will? Diese Frage hatte das OLG Dresden in einem aktuellen Fall zu beantworten und befand: Sofern die Leistung des Zahnarztes bei fehlerhafter Eingliederung von Zahnersatz völlig unbrauchbar ist, entfällt sein Recht auf Nachbesserung (Az.: 4 U 1562/19).
Fehlerhafte Implantate: Kein Patient muss Gesundheitsrisiken hinnehmen
Im konkreten Fall hatte der Zahnarzt seinem Patienten mehrere Implantate gesetzt, dabei aber
gravierende Fehler gemacht. Ein Sachverständiger stellte in seinem Gutachten denn auch fest, dass die Versorgung der Implantate in regio 25 und 26 im konkreten Fall zwar technisch möglich gewesen sei. Aufgrund der dichten Positionierung habe gegenüber der Standardsituation jedoch ein deutlich höheres Risiko bestanden, dass es an den Implantaten zu dauerhaften Entzündungen bzw. Überlastungen komme – mit der Folge eines überdurchschnittlichen Knochenabbaus und somit eines frühzeitigen Verlust der Implantate. In diesem Fall wäre auch ein auf den Implantaten gefertigter Zahnersatz nicht mehr brauchbar. Zudem sei ein schlechtes Kosten-Nutzen-Verhältnis zu befürchten. Der Experte empfahl daher die Entfernung der beiden Implantate sowie deren Neusetzung.
Das Gericht kam dementsprechend und insbesondere mit Blick auf das Entzündungsrisiko zu dem Schluss, dass dem Patienten eine Nachbesserung zuzumuten sei. Die bloß theoretisch mögliche Nutzbarkeit der Implantat-Versorgung ändere daran nichts. Der Patient habe daher auch ohne Nachbesserungsversuche sofortige Schadensersatz- und Schmerzensgeld verlangen dürfen.
Grundsätzlich schulden (Zahn-)Ärzte ihren Patienten nach dem Behandlungsvertrag nur eine sachgerechte Behandlung, aber keinen Behandlungserfolg. Anders ist dies beim Zahnersatz: Hier muss der Zahnarzt einen funktionstüchtigen und beschwerdefrei zu tragenden Zahnersatz herstellen (lassen) und einsetzen. Nach einer fehlerhaften Eingliederung steht dem Zahnarzt jedoch ein Nachbesserungsrecht zu. Etwas anderes gilt nur, wenn die Nachbesserungen dem Patienten, wie im oben geschilderten Fall, nicht zumutbar sind. Dabei betrachten die Gerichte stets die konkreten Umstände des Einzelfalles. Weitere Konstellationen, in denen die Rechtsprechung die sofortige Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen des Patienten gegenüber dem Zahnarzt erlaubt, sind Fälle, in denen der Behandler die Nachbesserung ernsthaft und endgültig verweigert hat, die Nacherfüllung den bereits eingetretenen Schaden nicht beseitigen könnte oder wenn das Behandlungsverhältnis bereits beendet ist