Die Haftung von Ärzten und Kliniken für Organisationsmängel

Ärzte und Krankenhausträger müssen Behandlungsabläufe so organisieren und koordinieren, dass die vorgeschriebenen Qualitätsstandards erfüllt sind. Welche Faktoren dabei zu beachten sind
Wenn die rechte Hand nicht weiß, was die linke tut, kann das verheerende Folgen haben. Insbesondere im Medizinbetrieb. Ärzte und Krankenhausträger schulden ihren Patienten daher die sachgerechte Organisation, Koordination und Überwachung der Behandlungsabläufe. Genügen sie diesem Anspruch nicht, haften sie unter dem Gesichtspunkt des sogenannten Organisationsverschuldens. Wann ein solches vorliegen kann, hat die Rechtsprechung in zahlreichen Entscheidungen präzisiert. Eine Auswahl.

  • 24-Stunden-Hilfe: Nacht- und Sonntagsdienst sind so zu organisieren, dass auch bei Notfällen stets der Facharztstandard sichergestellt ist (OLG Düsseldorf, Az. 8 U 100/83).
  • Doppelschichten sind verboten. Nicht zulässig ist es zudem, einen durch Nachtdienste übermüdeten Arztes für eine Operation einzuteilen (BGH, Az. VI ZR 85/84).
  • Entschieden gegen Keime. In der Haftung sind Kliniken und Praxen auch, wenn sie die hygienischen und technischen Standards nicht einhalten (BGH Az. VI ZR 40/91). Zwar geht Rechtsprechung davon aus, dass sich eine absolute Keimfreiheit auch im Operationsbereich nicht herstellen lässt. Innerhalb des hygienisch beherrschbaren Bereichs, in dem sich eine Keimübertragung durch die gebotene hygienische Vorsorge sicher verhindert verhindern lässt, sind Ärzte und Klinikträger aber in der Haftung.
  • Austausch mit anderen Häusern. Ebenfalls als voll beherrschbar bewertet die Rechtsprechung die Risiken aus dem Krankenhausbetrieb, wie etwa die Überprüfung des Zustands der benötigten Geräte und Materialien. Zwar muss ein kleineres Krankenhaus nicht jedes Medikament, dass vornehmlich in Spezialzentren angewendet wird, vorrätig haben. Es kann aber geboten sein, dieses für eine konkrete Behandlung zu besorgen (BGH, Az. VI ZR 151/90).
  • Provisorien vermeiden. Die Überwachung von Patienten muss deren Zustand entsprechend organisiert werden. Insbesondere bei sedierten Patienten reicht es daher nicht, sie durch eine provisorische Absperrung gegen Stürze abzusichern – etwa, indem ein Ultraschallgerät neben das Bett geschoben wird (vgl. OLG Oldenburg, Az. 5 U 111/10).
  • Anfänger brauchen Überwachung. Ein junger Arzt, der noch nicht lange approbiert ist und wenig Erfahrung hat, darf nur unter bestimmten Voraussetzungen mit dem Führen einer Narkose betraut werden. Treten Komplikationen auf, liegt ein Organisationsverschulden in solchen Fällen jedenfalls dann vor, wenn nicht sichergestellt ist, dass bei Unregelmäßigkeiten jederzeit ein erfahrener Facharzt einspringen und die Narkosen selbst weiterführen kann (BGH, Az. VI ZR 77/81).

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