Alptraum Krankenhauskeim: Wer muss was beweisen?

Wer sich bei einem Klinikaufenthalt mit einem multiresistenten Keim infiziert, für den beginnt oft eine lange Leidensgeschichte. Schadenersatz gibt es aber nur, wenn der Patient eindeutige Hygiene-Verstöße nachweisen kann. Bakterien, die nicht mehr auf Antibiotika ansprechen bedeuten für Patienten ein erhebliches Risiko. Experten des Robert-Koch-Instituts (RKI) schätzen, dass sich allein ein Deutschland Jahr für Jahr zwischen 400.000 bis 600.000 Menschen mit solchen multiresistenten Keimen infizieren, 10.000 bis 20.000 von ihnen sterben. Besonders häufig kommen Infektionen mit multiresistenten Erregern nach Behandlungen im Krankenhaus vor. Die Gründe dafür sind vielfältig, Hygienemängel spielen laut RKI jedoch eine wichtige Rolle. Grundsätzlich ist es aber auch denkbar, dass sich Patienten bereits vor einem Aufenthalt in der Klinik einen solchen Keim einfachen. Zudem sind Infektionen im Krankenhaus selbst bei vorbildlicher Hygiene nie ganz auszuschließen. Daher müssen Patienten, die nach einer Infektion mit einem Krankenhauskeim Schadenersatz verlangen, den Beweis erbringen, dass das Klinikpersonal die Infektion schuldhaft verursacht hat. Vermutungen oder die Tatsache, dass sich ein Patient (womöglich) in einer Klinik infiziert hat, reichen nicht. Das geht aus einem aktuellen Urteil des Landgerichts Flensburg hervor (Az. 3 O 375/14).

Vermutungen ersetzen keine Beweise

Im konkreten Fall hatte ein Patient geklagt, der wegen eines Herzinfarkts in einer Klinik lag. Während seines Aufenthaltes dort erhielt der Mann fünf sogenannte Stents, um die Gefäße offenzuhalten. Da er sich gut von der Operation erholte, wurde er fünf Tage später entlassen. Einige Zeit später begann er eine Reha in einem Herzzentrum, in dem schließlich eine Infektion mit einem multiresistenten Staphylococcus epidermidis nachgewiesen. Der Mann verklagte daraufhin unter anderem die Klinik, in der sein Infarkt versorgt worden war wegen Verletzung von Hygienevorschriften. Konkret verlangte er Schmerzensgeld, den Ersatz krankheitsbedingter Aufwendungen und eines Lohnausfalls in Höhe von 8.811,15 Euro sowie den Ersatz eines Haushaltsführungsschadens in Höhe von 4.600,24 Euro. Beweise für seine Anschuldigungen legte der Mann nicht vor. Vielmehr vertrat er die These, dass es Sache der Klinik sei, die Einhaltung aller Hygienevorgaben nachzuweisen, da er im Nachgang an die Behandlung dort erkrankt sei. Auch müsse das Krankenhaus nachweisen, dass die Infektion nicht aufgrund einer fehlerhaften Behandlung erfolgt sei. Das Landgericht Flensburg teilte diese Auffassung nicht und führte aus: Um wegen der Infektion mit einem Krankenhauskeim entschädigt zu werden, müssten Patienten konkrete Anhaltpunkte dafür nennen, dass es Rahmen ihre Behandlung zu einem Mangel in einem hygienisch beherrschbaren Bereich gekommen sei, der vom Ansatz her die tatsächlich eingetretene Infektion hätte verursachen können. Dies habe der Mann vorliegend nicht getan, so dass eine Haftung der Klinik zu verneinen war.

Kommentar von Jürgen Wahl, Fachanwalt für Medizinrecht:

Patienten, die Schadenersatz wegen einer Infektion mit einem Krankenhauskeim fordern, müssen nicht nur beweisen, dass es in der Klinik Hygieneverstöße gab. Sie müssen auch möglichst konkret erklären, wie es zu ihrer Infektion gekommen sein könnte. An diese Erklärung dürfen zwar keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden, da Patienten als medizinische Laien nicht über spezielles Fachwissen verfügen. Dennoch ist die Beweisführung im Einzelfalls oft schwierig. Ein spezialisierter Rechtsanwalt für Arzthaftungsrecht kann dabei helfen.