Bewertungsportale: Diffamierende Äußerungen über den Arzt können bis zu 250 000 Euro kosten

Sie erfand kriminelle Machenschaften und verunglimpfte ihren Zahnarzt online: Nun verurteilte ein Gericht die Patientin zum Schweigen. Andernfalls muss sie ein horrendes Ordnungsgeld zahlen – oder sogar ins Gefängnis. Der Frust muss groß gewesen sein, nachdem sich eine Frau beim Zahnarzt vorgestellt und vergebens nach einer Wurzelbehandlung, einer Krone und einer Parodontitis-Behandlung verlangte. Denn der Arzt lehnt die die geforderten Eingriffe alle ab, da er sie für nicht indiziert hielt. Anschließend stellte er die für die Beratung erforderlichen Untersuchungen der Krankenversicherung in Rechnung. Das schien die abgewiesene Patientin noch weiter zu verärgern: Nicht nur stellte sie auf dem „Google-My-Business“-Account der Praxis eine negative Bewertung ein. Ihre Ausführungen dort erweckten auch zu Unrecht den Eindruck, dass die Praxis bei ihr schönheitschirurgische Behandlungen vorgenommen habe. Der Zahnarzt ließ die Bewertung entfernen und erstattet Anzeige. Zwar stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein, nachdem die Frau 600 Euro gezahlt hatte. Nun aber ging der Ärger erst richtig los.

Falsche Anschuldigungen können teuer werden

Kurz darauf nämlich behauptete die Patientin in einer neuen Online-Bewertung, der Arzt habe Abrechnungsbetrug begangen und der Krankenversicherung Behandlungen in Rechnung gestellt, die er nach eigenen Angaben nie vorgenommen habe. Auch diese Behauptung war nachweislich falsch. Der Praxisinhaber erstattete erneut Anzeige. Außerdem erwirkte er eine einstweilige Verfügung beim Landgericht Heidelberg – mit Erfolg Der Patientin ist es nun verboten, den Zahnarzt weiter öffentlich wahrheitswidrig des Abrechnungsbetrugs oder andere erfundener Delikte zu bezichtigen. Sollte sie dagegen verstoßen, drohen ihr ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro oder sogar eine Haftstrafe (Az. 2 O 78/21).

Kommentar von Fachanwalt für Medizinrecht, J. Wahl:

Der Fall zeigt einmal mehr: Patienten, die ihrem (berechtigten oder unberechtigten) Ärger über einen Arzt in Online-Portalen Luft machen wollen, müssen sich streng an die dort geltenden Regeln halten. Sie dürfen weder übertreiben noch Lügen verbreiten, denn unwahren Tatsachenbehauptungen sind ebenso wenig von der Meinungsfreiheit geschützt wie grobe, verunglimpfende Beleidigungen eines Behandlers. Ärzte können solche Kommentare löschen lassen und rechtliche Schritte gegen den Patienten einleiten. Oft haben sie, wie der vorliegende Fall beweist, auch gar keine anderer Möglichkeit, die Wahrheit hochzuhalten. Denn anders als klassische Gewerbetreibende können sich Ärzte im Netz kaum mit „Erwiderungen“ auf die negativen Kommentare verteidigen: Sie würden sonst gegen die ärztliche Schweigepflicht verstoßen und sich ihrerseits strafbar machen.