Medizinrecht: Bewertungen im Netz: Wenn Ärzte die Wahrheit nicht ertragen

Ein Arzt möchte, dass eine negative Online-Bewertung über ihn gelöscht wird. Er droht der Patientin und klagt. Die Frau legt noch einmal nach – und der Beitrag bleibt im Netz. Nun hat ein Gericht über den Fall entschieden. Man kann die Wut fast mit Händen greifen. Nachdem der Oralchirurg eine Patientin nicht wie gewünscht behandeln wollte, teilte diese auf der Bewertungs-Plattform „Local Reviews“ folgenden Beitrag: „Ich hatte gestern (…) einen OP-Termin, wo mir2oder 3Zähne entfernt werden sollten, und wollte das eigendlich selber bezahlen (das Geld hatte ich auch dabei) aber da ich eine Bescheinigung meiner Psychologin hatte, da ich eine panische Angst vor Spritzen hatte, und das alles in Vollnarkose stattfinden musste und das vorzeigte, wurde meine Behandlung abgelehnt. (….) Sehr schlecht von dieser Kieferchirugie.“ Die Kritik verfehlte ihre Wirkung offenbar nicht, so dass die Frau wenig später noch einmal nachlegte. „Update: Um 22.Dezember 2020 um 19.41 Uhr rief mich Herr M. an, und drohte mir mit seinem Anwalt, sollte ich die negative Bewertung nicht entfernen. (….) Der Termin am 17.Dezember stand fest, doch sein Narkose-arzt hat mich leider mit Schmerzen stehen lassen. (…) PS: Der M. hat eine Anzeige auf der Polizei gemacht, wegen Verleumdung. Wegen einer Bewertung mit dem die Person nicht umgehen kann. Also da frag ich mich, ob der minderbemittelt ist. Ganz normal ist der nicht.“

Wer sucht, der findet

Da diese Bewertung auch über eine große Suchmaschine auffindbar war, suchte sich der Mediziner einen Rechtsbeistand auf und beanstandete den Post auch gegenüber dem Suchmaschinenbetreiber. Dabei führte er aus, zu dem Eintrag der Frau gebe es „nach Prüfung der Kundenvorgänge keinen korrelierenden Kundenvorgang". Das Unternehmen forderte daraufhin die Patientin zu einer Stellungnahme auf. Diese schilderte den Fall aus ihrer Sicht – und überzeugte offenbar. Das Löschungsbegehren des Oralchirurgen blieb unerfüllt. Der Beitrag blieb online. Und der Fall wurde streitig.

Was wahr ist, muss wahr bleiben

Vor dem Oberlandesgericht Saarbrücken hatte der streitbare Mediziner allerdings ebenso wenig Erfolg wie schon in der Vorinstanz. Die Richter befanden vielmehr, dass Anbieter von Internetdiensten (und damit auch Suchmaschinenbetreiber) nicht verpflichtet sind, die von den Nutzern eingestellten Posts vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu prüfen. Eine solche Pflicht besteht erst, wenn sie Kenntnis von einer solchen Rechtsverletzung erlangen. In diesem Fall müssten sie eine Stellungnahme des Nutzers einholen und den gesamten Sachverhalt ermitteln bzw. bewerten. Bei Beanstandungen, die sich, wie im vorliegenden Fall, auf einen falschen Tatsachenvortrag stützen, bestehe eine solche Prüfungspflichten hingegen nicht. Insoweit habe der Suchmaschinenbetreiber in der konkreten Situation mehr als genug getan. Die Kritik der Patientin durfte daher zu Recht im Netz stehen bleiben (OLG Saarbrücken, Az.: 5 U 117/21).

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Wie die Aussichten in Ihrem konkreten Fall stehen, kann ein Patientenanwalt mit genauen Kenntnissen im Arzthaftungsrecht beurteilen. Rechtsanwalt Jürgen Wahl ist Fachanwalt für Medizinrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht. Sie erreichen ihn unter der Telefonnummer 069 / 82 37 66 42 oder per E-Mail unter recht@arzthaftung-offenbach.de