10.000 Euro Schmerzensgeld wegen Aufklärungspflichtverletzung bei Augen-OP
Zu einem Schmerzensgeld in Höhe von 10.000,00 Euro sowie zur Rückzahlung des Behandlungshonorars in Höhe von 6.172,44 Euro verurteilte das Landgericht Frankfurt am Main die Firma Care Vision Germany GmbH, da sie eine Patientin nicht hinreichend über die Erfolgsaussichten der Implantation einer multifokalen Linse auf beiden Augen aufgeklärt hatte. Die Klägerin hatte sich im Februar 2016 in der Klinik der Beklagten vorgestellt. Sie litt unter einer Amblyopie und einer Orthophorie. Die Sehkraft auf dem rechten Auge betrug 30 %, auf dem linken Auge 60 %. Für das rechte Auge empfahl die behandelnde Ärztin eine monofokaltorische Intraokularlinse und für das linke Auge eine asphärische multifokale Intraokularlinse nebst Excimer Touch-up. Nach Durchführung der beiden Eingriffe erfolgte am 15.09.2016 eine YAG-Laser-Posterior-Kapsulotomie und am 29.09.2016 eine LASIK-Operation. Entgegen der Hoffnungen der Klägerin trat jedoch keine Verbesserung der Sehleistung ein. Stattdessen wurden eine Sehminderleistung am linken Auge und eine besondere Augentrockenheit festgestellt. Entgegen der Versprechungen der Beklagten war die Klägerin weiterhin auf eine Brille angewiesen, der Visus hatte sich verschlechtert und sie war sehr blendempfindlich, sodass sie über Nacht oder am Morgen kein Auto mehr fahren konnte. Auch die Lesefähigkeit der Klägerin war beeinträchtigt. Die Klägerin bezeichnete die Behandlung der Beklagten daher für sie insgesamt als vollkommen unbrauchbar und nutzlos. Das Gericht hatte zunächst Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens erhoben. Dieser konnte jedoch keinen Behandlungsfehler feststellen. Dennoch machte sich die Beklagte hier nach Ansicht des Gerichts schadensersatzpflichtig, da sie die Klägerin nicht ordnungsgemäß über die Erfolgsaussichten des Eingriffs aufgeklärt habe. „Der Umstand, dass die Zeugin (die behandelnde Ärztin) die Klägerin darauf hingewiesen haben mag, dass eine Hilfebrille postoperativ benötigt werden könnte und die Erfolgsaussichten wohl nicht höher sein würden, als die Ausgangswerte, genügen indes nicht, um einem Patienten das Risiko einer Sehverschlechterung hinreichend zu verdeutlichen. Es stellt sich bereits die Frage, welchen Sinn ein operatives Vorgehen gehen haben mag, dessen Erfolgsaussichten mit Wahrscheinlichkeit nicht höher sein werden als die bereits vorhandenen Ausgangswerte. Dies unter der Berücksichtigung des Umstandes, dass der Operation (nach dem schriftlichen Aufklärungsbogen) zugleich das Risiko einer Sehverschlechterung bis hin zu einer völligen Erblindung innewohnt“, so die Worte des Gerichts. Auch sei die Klägerin nicht über das Risiko einer erhöhten dauerhaften Blendungsempfindlichkeit ordnungsgemäß aufgeklärt worden. Da die Klägerin in ihrer informatorischen Anhörung angegeben hatte, dass sie aufgrund ihrer präoperativ bereits schlechten Werte einem Augeneingriff ohnehin skeptisch gegenüberstand und diesen bei Kenntnis der Risiken der Verschlechterung nicht hätte durchführen lassen, gelangte das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Beklagte der Klägerin zum Schadensersatz verpflichtet ist. Es sei jedenfalls nicht auszuschließen, dass die Klägerin sich bei einer ordnungsgemäßen und schonungslosen Aufklärungordnungsgemäßen und schonungslosen Aufklärung über die Risiken der Eingriffe gegen diese entschieden hätte. Die fehlerhafte Aufklärung der Klägerin durch die Beklagte führe zur Unwirksamkeit der Operationseinwilligungen und damit zur Rechtswidrigkeit der Eingriffe. Folglich hafte die Beklagte der Klägerin aufgrund der Aufklärungspflichtverletzung für den entstandenen Schaden. Urteil Landgericht Frankfurt 2-04 O 350/17 vom 27.05.2020 Rechtsanwalt Jürgen Wahl ist Fachanwalt für MedizinrechtFachanwalt für Medizinrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht.