Impfschaden nach Impfung mit Vaxzevria: Noch ist alles offen

Eine Frau verklagt den Pharmakonzern Astra Zeneca, weil sie nach ihrer Corona-Impfung schwerste Schäden davongetragen hat. In erster Instanz hat sie keinen Erfolg. Doch der Rechtsstreit geht weiter. Es ist nur gut zwei Jahre her, dass Corona-Impfstoffe in Deutschland Mangelware waren und Impfwillige keine Möglichkeit hatten, sich für oder gegen das Vakzin eines bestimmten Herstellers zu entscheiden. In diese Zeit fällt auch die folgenreiche Impfung einer 33-jährigen Frau, die im März 2021 den Impfstoff Vaxzevria von AstraZeneca erhielt. Zunächst entwickelte die Patientin die üblichen Nebenwirkungen wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen. Zehn Tage nach der Impfung hatte sie dann allerdings mit extremen Durchfällen zu kämpfen. Ab dem 25.3.2021 wurde sie im Krankenhaus behandelt. Dort stellte sich heraus, dass die Frau sowohl eine Darmvenenthrombose als auch eine Thrombose im Dünndarm entwickelt hatte. In der Folge mussten ihr mehr als drei Meter Darm entfernt werden. Die Folgen des Eingriffs beeinträchtigen die Patientin bis heute schwer. Nach wie vor kann sie nicht arbeiten. Ob sie je wieder in ihren angestammten Beruf zurückkehren kann, ist fraglich. Da sie eine strenge Diät halten muss, ist zudem ihre Lebensqualität deutlich gemindert. Besonders belastend ist zudem die begründete Sorge, dass ihr Körper nicht mehr in der Lage sein könnte, eine Schwangerschaft zu überstehen. Weiterhin leidet die Frau unter Schmerzen, extremen Durchfällen, Mangelerscheinungen, Laktoseintoleranz und Osteoporose. Hinzu kommen unter anderem Schlaf- und Konzentrationsstörungen sowie Depressionen.

Systematische Verharmlosung durch den Hersteller?

Die Frau hat den Pharmahersteller Astra Zeneca auf Schadenersatz und mindestens 17 000 Euro Schmerzensgeld verklagt. Sie argumentiert, der Konzern habe das erhöhte Thromboserisiko trotz entsprechender Anhaltspunkte systematisch verharmlost. Mitte März 2021 waren die Impfungen mit Vaxzevria für eine Weile ausgesetzt worden, nachdem Geimpften in seltenen Fällen Hirnvenenthrombosen und eine reduzierte Zahl von Blutplättchen entwickelt hatten. Die europäische Arzneimittelagentur EMA befand nach einer Prüfung allerdings nur, dass in der Produktinformation künftig auf das Risiko dieser „sehr seltenen Nebenwirkung“ hinzuweisen sei. Der medizinische Nutzen von Vaxzevria überwiege aber unverändert die Risiken der Impfung. Dieser Aussage hält die geschädigte Patientin entgehen, dass der Impfstoff wegen des schlechten Nutzen-Risiko-Verhältnisses seit 01.01.2022 nicht mehr auf dem deutschen Markt verfügbar gewesen sei.

Erste Instanz entscheidet zugunsten von Astra Zeneca

Vor dem Landgericht Hof hatte die Frau mit ihrer Argumentation allerdings keinen Erfolg. Das Gericht befand, dass ihr weder Schadensersatz noch Schmerzensgeld zustand. Ein Produktfehler nach § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) liege nicht vor, da ein solcher ein negatives Nutzen-Risiko-Profil für alle potenziellen Anwender voraussetze. Bei dem Impfstoff von Astra Zeneca bestünden aber keine Anhaltspunkte dafür, dass die Produktinformation in Hinblick auf den Verdacht eines gehäuften Auftretens von Thrombosen nicht dem damaligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprach. Ebenso konnte das Gericht keine Fehler bei der Information durch den Hersteller des Impfstoffes erkennen. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung, ob die Informationen den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechen, sei der Zeitpunkt, in dem der Impfstoff in den Verkehr gebracht worden sei. Gemäß dem LAG-Hof entsprach die Produktinformation zum maßgeblichen Zeitpunkt im Frühjahr 2021 dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse.

Was wäre gewesen, wenn …?

Keine Anhaltspunkte gibt es dem Gericht zufolge auch dafür, dass die Frau die Impfung verweigert hätte, wenn sie um die erhöhten Thromboserisiken gewusst hätte. Dies gelte umso mehr, als das Thromboserisiko unstreitig auch im Fall einer Covid-Infektion erhöht ist und das nach einer Impfung sogar deutlich überwiegt (LG Hof, Az. 15 O 22/21). Das letzte Wort in der Sache ist allerdings noch nicht gesprochen: Die Frau hat Berufung zum Oberlandesgericht Bamberg eingelegt.

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Wie die Aussichten in Ihrem konkreten Fall stehen, kann ein Patientenanwalt mit genauen Kenntnissen im Arzthaftungsrecht beurteilen. Rechtsanwalt Jürgen Wahl ist Fachanwalt für Medizinrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht. Sie erreichen ihn unter der Telefonnummer 069 / 82 37 66 42 oder per E-Mail unter recht@arzthaftung-offenbach.de