Medizinrecht: Wann Ärzte bei geplatzten Terminen Geld verlangen dürfen

Wer seinen Arzt trotz eines fix vereinbarten Termins versetzt, muss deshalb nicht automatisch ein Ausfallhonorar zahlen. Einen Freibrief für Unpünktlichkeit stellen die Gerichte Patienten aber nicht aus. Wenn Patienten verbindliche Terminvereinbarungen nicht einhalten, verlangen viele Praxen ein sogenanntes Ausfallhonorar. Rechtens ist das nicht immer. Gerichte sehen sehr genau hin, ob ein Arzt wirklich einen Anspruch gegen seinen Patienten hat, nur weil dieser ihn versetzt. Auch der Bundesgerichtshof (BGH) versagte in einer jüngeren Entscheidung einer Logopädin ein Ausfallhonorar von 50 Euro. Diese hatte mit ihren Patienten eine Vereinbarung getroffen, dass diese 25 Euro zu zahlen hätten, wenn sie einen Termin nicht mindestens 24 Stunden im Voraus absagten. Als eine Mutter während der Corona-Pandemie kurzfristig zwei Termine für ihre Kinder absagte, weil es in der Familie einen Covid-Verdachtsfall gab, pochte die Praxisinhaberin auf Einhaltung der Vereinbarung. Die Frau verweigerte die Zahlung und verwies auf die geltenden Corona-Schutzvorschriften.

Sonderfall Infektionsschutz

Der Fall wurde streitig und landete schließlich in Karlsruhe. Dort entschieden die Bundesrichter zugunsten der Patientin. Das Argument: Angesichts der Corona-Situation sei es der Logopädin gar nicht möglich gewesen, ihre Dienste zu erbringen, da die Corona-Schutzverordnung des Landes zu diesem Zeitpunkt alle körpernahen Dienstleistungen verbot, bei denen ein Mindestabstand von 1,5 Meter zum um Kunden von 1,5m nicht eingehalten werden konnte. Therapeutische Maßnahmen durften nur durchgeführt werden, wenn ein ärztliches Attest deren Notwendigkeit bestätigte. Ein solches Attest lag für jungen Patienten der Logopädin aber gerade nicht vor (BGH, Az. III ZR 78/21) Für Patienten ist dieses Urteil aber nur auf den ersten Blick positiv. Denn auch wenn der BGH im konkreten Fall einen Anspruch der Behandlerin verneint, geht aus der Entscheidung doch auch hervor, dass eine solche „Strafzahlung“ in Einzelfällen denkbar ist.

Wer schreibt, der bleibt

Um unzuverlässige Patienten zur Kasse bitten zu können, müssen allerdings mehrere Voraussetzungen erfüllt sein. Erforderlich ist zunächst, dass es (wie im entschiedenen Fall) eine schriftliche Vereinbarung mit dem Patienten gibt, aus der hervorgeht, dass Termine exklusiv für ihn freigehalten werden und bis wann eine Terminabsage möglich ist, ohne dass ein Ausfallhonorar fällig wird. Wie genau eine solche Klausel aussehen kann, hat unter anderem das Amtsgericht Fulda entschieden (Az. 34 C 120/02): Danach besteht ein Anspruch auf Vergütung dann, wenn der Arzt darauf hinweist, dass seine Praxis eine Bestellpraxis ist und die reservierten Termine in Rechnung gestellt werden können, wenn nicht mindestens 24 Stunden vorher eine Absage erfolgt. Auch das Landgericht Berlin erlaubt es Ärzten grundsätzlich, ein Ausfallhonorar zu verlangen, allerdings muss die zugrundeliegende Vereinbarung ihm zufolge einige besondere Anforderungen erfüllen: Sie ist nur wirksam, wenn dem Patienten eine Entlastungsmöglichkeit für den Fall eingeräumt wird, dass er den geplatzten Termin nicht zu verschulden hat. Fehlt ein solcher Hinweis, stellt die Vereinbarung eine unangemessene und einseitige Benachteiligung des Patienten dar und ist damit im Rahmen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht zulässig (Az. 55 S 310/04). Wichtig ist es zudem, dass die Tragweite der Vereinbarung für den Patienten ersichtlich ist und er diese selbst unterschreibt. Auch sollte der Vertrag eine konkrete Summe nennen, die im Fall des Nichterscheinens fällig wird. Vor allem aber muss ein Arzt, der ein Ausfallhonorar haben will, belegen, dass ihm durch den abgesagten Termin wirklich ein Leerlauf und damit ein finanzieller Schaden entstanden ist.

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Wie die Aussichten in Ihrem konkreten Fall stehen, kann ein Rechtsanwalt mit genauen Kenntnissen im Arzthaftungsrecht beurteilen. Rechtsanwalt Jürgen Wahl ist Fachanwalt für Medizinrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht. Sie erreichen ihn unter der Telefonnummer 069 / 82 37 66 42 oder per E-Mail unter recht@arzthaftung-offenbach.de