Berücksichtigung Vorschäden bei Schmerzensgeld wegen Behandlungsfehler
Eine Frau trägt nach einem schweren Verkehrsunfall massive Verletzungen an ihrem rechten Arm davon. Um eine Amputation zu vermeiden, muss die Patientin binnen weniger Wochen sechsmal operiert werden. Da die Ärzte die ersten Bilder des verletzten Armes nicht richtig interpretieren, erkennen sie allerdings nicht, dass es in den Gefäßen der Frau Engstellen gibt. Aus diesem Grund verzichten auf eine sogenannte Erweiterungsplastik. Die Folgen sind weitreichend.
Bereits am Tag nach dem letzten Eingriff bemerkt die Patientin, dass die Finger ihrer rechten Hand sich verfärben. Darauf angesprochen ziehen die behandelnden Ärzte eine Gefäßchirurgin hinzu. Ihre Diagnose steht um 19.30 Uhr fest und lautet: gesicherter Gefäßverschluss. Die weitere Behandlung soll in einer spezialisierten Klinik erfolgen, in die die Frau um 20.12 Uhr mit einem Notarztwagen verlegt wird.
Dort entfernen die Ärzte in einer weiteren Operation zwar die arterielle Thrombose. Doch auch dieser Eingriff kann nicht mehr verhindern, dass der Arm einige Tage doch noch amputiert muss.
Vom Wert eines Armes, der nicht mehr funktioniert
Die Frau klagt daher gegen die Klinik und verlangt mindestens 110 000 Euro
Schadenersatz und Schmerzensgeld wegen der fehlerhaften Behandlung. Vor dem Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg erzielte sie aber nur einen Teilerfolg.
Für das Gericht stand nach dem Ende der Beweisaufnahme fest, dass bereits der Verkehrsunfall schwerste Schädigungen des Armes verursacht hatte. Selbst bei einer kunstgerechten Behandlung hätte die Frau folglich daher damit leben müssen, dass sie kein Gefühl mehr in ihrem Arm gehabt hätte und diesen nicht mehr hätte nutzen können. Die Extremität hätte somit selbst im besten Fall nur noch „die Funktion (...) einer Bioprothese gehabt“, so das Gericht. Zudem hätte die Klägerin mit dauerhaft intensiven Schmerzzuständen und einer starken Medikation leben müssen.
Geringerer Schaden wegen erheblicher Vorschäden
Vor diesem Hintergrund habe der
Behandlungsfehler nicht die Amputation eines gesunden Armes zur Folge gehabt, sondern die einer funktionslosen und nicht steuerbaren Extremität. Folglich hätte die Frau, die seit der Amputation zu 70 Prozent schwerbehindert ist, auch bei einer optimalen medizinischen Versorgung nicht mehr in ihren Beruf als Tätowiererin zurückkehren können. Die Einschränkungen im täglichen Leben hätten in gleicher Form bestanden.
Vor diesem Hintergrund sah das das Gericht im konkreten Fall lediglich ein Schmerzensgeld in Höhe von 12.000,00 Euro als angemessen an. Eine Schmerzensgeldrente hingegen kam aus den genannten Gründen nicht in Betracht (OLG Brandenburg, Az. 12 U 139/23).
Kommentar von Jürgen Wahl, Fachanwalt für Medizinrecht in Offenbach:
Wenn sich Patienten mit Vorerkrankungen oder Schädigungen in ärztliche Behandlung begeben, stellt sich regelmäßig die Frage, in welche Ausmaß diese gesundheitlichen Probleme bei der Bemessung eines Schmerzensgeldes wegen einer fehlerhaften Behandlung zu berücksichtigen sind. Sie sind unsicher, ob Ihnen nach einem Behandlungsfehler Schmerzensgeld und Schadenersatz zustehen könnten? Als Rechtsanwalt für Arzthaftung berate ich Sie kompetent und fair.
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Wie die Aussichten in Ihrem konkreten Fall stehen, kann ein Rechtsanwalt mit genauen Kenntnissen im Arzthaftungsrecht beurteilen. Rechtsanwalt Jürgen Wahl ist
Fachanwalt für Medizinrecht und
Fachanwalt für Versicherungsrecht.
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