Aufklärungsfehler: 25 000 Euro Schmerzensgeld für anhaltende Beschwerden nach Brustvergrößerung
Brustvergrößerungen gehören nach Zahlen der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie zu den beliebtesten kosmetischen Operationen in Deutschland. Nur Lidstraffungen werden noch häufiger durchgeführt. Doch auch wenn solche Eingriffe inzwischen Routine sind, können, wie bei jeder Behandlung, (schwere) Komplikationen auftreten, über die der Arzt im Vorfeld aufzuklären hat. Tut er das nicht, ist selbst ein fehlerfreier Eingriff rechtswidrig und berechtigt die Patientin zu Schadenersatz und Schmerzensgeld.
Dies bekräftigt auch eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Köln (Az. 5 U 91/23). Konkret ging es um die Klage einer Frau, die nach einer Brustvergrößerung starke Schmerzen im Bereich der Operation und des linken Armes hatte, so dass dessen Belastung nicht möglich war.
Nachdem die Probleme auch nach einer zweiten Operation bestehen blieben, verklagte die Patientin ihren Chirurgen. Dieser habe sie weder bei der Erst-OP noch bei dem Revisionseingriff fachgerecht operiert. Auch sei sie über das Risiko dauerhaft verbleibender Schmerzen nicht aufgeklärt worden. Sie leide bis heute unter den Operationsfolgen, wie der geringen Belastbarkeit des linken Armes und habe zudem starke Schmerzen im Bereich der linken Körperhälfte. Diese quälten sie auch im Ruhezustand. Überdies belaste sie auch die optische Entstellung ihrer Brüste sehr.
Der Arzt verteidigte sich damit, dass die beiden Operationen nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt seien. Auch habe er die Frau im Vorfeld über das Risiko möglicher Schmerzen aufgeklärt.
Schmerzen nach der OP und chronische Schmerzen sind nicht dasselbe
Vor dem OLG Köln hatte der Chirurg mit diesem Vorbringen keinen Erfolg. Zwar konnte der Senat keinen Behandlungsfehler feststellen. Die Operationsaufklärung der Patientin sei jedoch sowohl beim ersten als auch beim zweiten Eingriff nicht ausreichend gewesen, befand das OLG.
Zumindest habe der Arzt nicht nachweisen können, dass er die Frau über das Risiko lebenslanger Schmerzen infolge seines Eingriffs aufgeklärt habe.
Aus der Dokumentation ergab sich lediglich, dass im Gespräch über postoperative Schmerzen gesprochen wurde. Auch im
Aufklärungsbogen finde sich kein ausdrücklicher Hinweis auf das Risiko von Dauerschmerzen. Dort sei lediglich unter dem Kapitel „allgemeine Operationsrisiken“ von Nerven- und Weichteilproblemen sowie selten auftretenden Lähmungen der Gliedmaßen die Rede. Letztere würden sich aber, trotz eventuell langwieriger Behandlungen, meist zurückbilden.
Aufgrund des Sachverständigengutachtens stand es nach Überzeugung des Gerichts aber fest, dass chronische Schmerzen ein typisches Risiko beim Einsetzen von Brustimplantaten seien. Deshalb gehöre es zu den
aufklärungspflichtigen Risiken, auch über dauerhaft nachteilige Operationsfolgen mit schweren Belastungen für die Patientin aufzuklären. Dies gelte umso mehr bei Eingriffen, bei denen lediglich kosmetische Gründe vorliegen und keine medizinische Indikation im Vordergrund stehe.
Wegen des damit rechtswidrigen Ersteingriffs mit den beschriebenen Dauerbeschwerden stehe der Frau daher ein Schmerzensgeld i.H.v. 25.000 Euro zu. Darüber hinaus muss der Chirurg auf für etwaige weitere Schäden Ersatz leisten.
Kommentar von Jürgen Wahl, Fachanwalt für Medizinrecht in Offenbach:
Da es bei reinen Schönheitsoperationen an einer medizinischen Indikation fehlt, sind die Anforderung an eine umfassende Aufklärung der Patienten hier besonders hoch. Dabei ist es Konsens in der Rechtsprechung, dass Dauerschmerzen, die mögliche typische Folgen einer Operation sind, aufklärungspflichtig sind. Die vorliegende Entscheidung verdeutlicht einmal mehr, wie wichtig es in solchen Fällen ist, den unterzeichneten Aufklärungsbogen akribisch zu prüfen (oder durch einen Rechtsanwalt prüfen zu lassen), um etwaige Versäumnisse gerichtlich geltend machen zu können.
Wie die Aussichten in Ihrem konkreten Fall stehen, kann ein Rechtsanwalt mit genauen Kenntnissen im Arzthaftungsrecht beurteilen. Rechtsanwalt Jürgen Wahl ist
Fachanwalt für Medizinrecht und
Fachanwalt für Versicherungsrecht.
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